Wachtraum. REM-Phase. 2011.

Wachtraum REM Phase

REM-Phase

Oh meine Güte! Kein Geschwafel mehr bitte.
Ich drehte mich um, die Tür kam schneller in meiner Drehung auf mich zu als ich sie im Rücken in Erinnerung hatte,
sie aufriss, zuzog, wegging.

Möglichst unauffällig linste ich hinter mich, als ob ich mein Haar zur Seite streiche.
Kein Knirschen dieser Kieselsteine hinter mir. Ein wenig erleichtert, aber trotzdem halbwegs verletzter Stolz darüber,
dass sie nicht mal aus dem Fenster sah oder alle auf einmal frugen „Ach – wo ist sie denn hin?“.
Naja, zumindest sah es nicht so aus, dass sich jemand drum scherte. Jetzt war Schluß mit Soft.
Nahm ich mir zumindest vor – mal sehn, wie lange das anhält.

Weitergehen, aus dem Licht raus, weitergehn. Und jetzt? Weitergehn.
Mein Auto hatte ich leichtsinnigerweise so unklug geparkt, dass man genau vernehmen konnte, wenn ich mich aus dem Staub hätte machen wollen.
Scheiss drauf. Na dann ohne Auto. Und genau das bereute ich so allmählich,
wie die Straße weiter wurde und nach einer Abbiegung eigentlich genau das Gegenteil einer angenehmen Route wurde,
die vielleicht gerne zu einem Spaziergang einlud.

Das einzig Einladende war in einiger Entfernung ein blasses ESSO Schild, das die Straße beleuchtete.

Mann hatte ich jetzt Bock auf nen Mann. Und vorher noch mit ihr rumgefingert.
Hatte was. Und nun im weissen Kleidchen ohne Höschen. Prima gemacht. Der Tankwart sah mich an als würde ers wissen.

„Eine Gauloises rot bitte“ sagte ich. Kaugummi kauend drehte er sich um, legte mir die Schachtel hin und sagte
„getankt hamse wohl nicht“ schief grinsend. „Mann bist du schlau“ dachte ich, und murmelte „cooler Mann in einsamer Tanke“.
Shit – zu laut, meine alte Schwäche: Reden, nicht nur denken. Der Typ grinst und sagt: „Also ohne dieses Kleid könnte ich Sie mir da gut vorstellen“
und über seine eigenen Worte sich bewusst werdend korrigierte er sich, bevor ich noch mehr errötete, und fügte hinzu „ich meinte mit anderer Kleidung“.

„Is mir schon klar,“ sagte er, als er die Türe seines Arbeitsplatzes abschloss „dass Du denkst,
hier is nix los und bloß weil ich meinem Freund die Tanke absperre…“. Wir gingen wortlos zwei Ecken weiter in einen großen Innenhof,
Industriegelände oder so etwas, parkende Autos, dunkel, aber nicht unheimlich.

Seine Freundin nimmt mich in den Arm, begrüßt mich, als ob wir uns schon lange kennen würden:
„Süße: so kommst Du nicht mit – und auch gar nicht rein. Die Farbe der Unschuld passt zwar, aber nicht der Stoff.“
Wissend, verschmitzt aber dennoch sympathisch sehen sich die Beiden an.

Anfangs kühl auf der Haut, glitschig, ungewohnt und sehr sinnlich wärmt das Nichts auf meiner Haut,
alles intensiv empfindend und immer näher zum wummernden Bass stakste ich hinterher – das Herz klopft bis zum Hals,
sie dreht sich um und flüstert mir lächelnd ins Ohr: „Es wird sooo geil.“ Ich sehe ins gleißende Licht – sehen?
Ich sehe nichts, aber höre einiges. Und genau wie sie es sagt: So geil.

Ich trage nichts aus Baumwolle. Ich frage nicht nach dem wem und woher. Ich will es laut und dreckig.
Ich will den Bass spüren. Ich will keine Ruhezone. Ich will toben. Ich will ficken. Ich will tanzen.
Ich verstehe, dass ich anders keine Chance habe, reinzukommen, um Spass zu haben.
Meine Pupillen zucken im grellen Strobo der Electro- und Housebeats. Wie in der REM Phase.
Wie im Wachtraum – SubRosaDictum:
Wachtraum drei: REM Phase.